Ich habe Post von Republikaner-Kandidaten John McCain. Solche Briefe landen je meist mit dem Rest der physischen spam mail im Recycling-Behälter. Doch ein Blick kann nicht schaden. Es ist immer gut zu wissen, was die Rechten so treiben. „Die Wahl, vor der Amerika steht im November, ist klar“, beginnt der 71-Jährige Vietnam-Kriegsheld, der sich als Maverick verkauft und dann doch stets brav mit Bush & Co im Gleichschritt marschiert. Der Admiralssohn rattert sein martialisches CV herunter, bittet um Geld, $2.300, das Maximum, oder $500, oder $35, whatever.
Er befinde sich im Kampf seines Lebens, schreibt er. Amerika ist vom Untergang bedroht. Er wolle nicht nur Terrorbösewichte aus der letzten Hindukusch-Berghöhle ausräuchern und die GIs so lange im Irak kämpfen lassen, bis sie doch noch im Konfetti-Regen den „Canyon der Helden“ am New Yorker Broadway runterparadieren. Er kämpfe gegen eine weit finsterere Macht: „Die Partei der Senatoren Hillary Clinton und Barack Obama“, wie ich verblüfft lese. Ja, ich weiß, die Demokraten sind Latte schlürfende, homosexuelle, sich mit Al-Kaida zu Teekränzchen treffende, feige Commies. Zum Fürchten! Aber Hillary? Was hat die noch auf McCains Bettelbrief zu suchen?
Wurde das Pamphlet etwa vor Monaten gedruckt? War kein Geld da, es nach Obamas Vorwahltriumph über Hillary upzudaten? Hat die Post so lange gebraucht? Will McCain auch das Matcho-Lager fanatischer Hillary-Hasser anzapfen? Oder weiß McCain mehr als wir alle: Wird Hillary tatsächlich Obamas Vize?
Wie auch immer: „Die Partei der Senatoren Hillary Clinton und Barack Obama!“ Das klingt einfach zu schaurig schön bedrohlich. Auch ohne Obamas Mittelnamen „Hussein“. Der She-Devil und der Turban tragende Amerikahasser. Und was wollen die? McCain kommt zur Sache: Sie wollen sich im Irak Al-Kaida ergeben, die 160.000 GIs abziehen, die Besatzung des überfallenen Nahost-Staates beenden und die dorthinfließenden $12 Milliarden pro Monat in die Reparatur der Dritt-Welt-Infrastruktur Amerikas umdirigieren oder Bushs Schuldenberg abarbeiten. Alle Schurken dieser Erde hätten dazu fortan regelrechte Flitterwochen: Terrorakten würde, gehe es nach dem hasenfüßigen Grusel-Duo, fortan nicht mehr mit dem Losschlagen, „Shock & Awe„-Style gegen völlig unbeteiligte Staaten begegnet werden.
Auch an der Heimatfront drohe verheerendes: Sie wollen die US-Regierung vergrößern, aufrechte US-Bürger durch ein bürokratisches Big-Government-Monster traktieren und mit tax increases, wieder so ein politisches Todschlagargument, aussackeln. Und dieser sowjetähnliche Moloch soll dann auch noch das so vorzügliche US-Gesundheitssystem unterminieren, wo 47 Millionen Amerikaner unversichert sind und sich mit Blinddarmentzündung in den ER setzen, Versicherungsprämien pro Jahr um 18 % steigen und Medikamente weit teuer sind als in anderen westlichen Staaten. Doch die demokratischen Fünftkolonisten wollen noch mehr: Sie könnten Höchstrichter inthronisieren, „Aktivisten“, so McCain, die den guten alten American Way of Life umschreiben. Watch out for Sodom and Gomorrah: Homeehen, Schwarzen- und Frauenrechte, Schutz der Bürger vor Bespitzelung, Verbot der Folter – nichts wäre mehr sicher!
Ich habe längst das Scheckbuch vor mir liegen und frage mich nur mehr: $35, $100, $500 oder sogar das Maximum von $2.300? Was sind ein paar zerdrückte Greenbacks schon für McCains Versprechen, Amerika weiter auf Bushs Kurs zu halten.