„USA! USA! USA!“


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Ich bin Hurrikan „Gustav“ dankbar: Er bescherte zwar ein paar ungemütliche Tage in einem New Orleans, wo offenbar nur Weirdos zurückblieben und mangels wahnsinnig berichtenswertem schlecht gelaunte Reporter durch die müllübersäten Gassen irrten. Doch immerhin: Ich konnte mir den Trip nach St. Paul sparen, wo die Patriotenshow der Republikaner zur Kür ihres Haudegens McCain läuft. Zwei Republikaner-Conventions habe ich hinter mir. Zwei Bush-Feten, genauer gesagt: In Philly 2000, wo der Texas-Gouverneur sein nationales Debüt feierte. Und hier 2004, sensiblerweise im Post-9/11-New York, wo dann tatsächlich jede Hemmschwelle beim schamlosen Ausschlachten des Jumbo-Massenmordes an fast 3.000 Erdenbürgern zur Wiederwahl des wahrscheinlich schlimmsten US-Präsidenten aller Zeiten und zur Fortsetzung des Irakkrieges durchbrochen worden war.

Republikaner-Parteitage wirken fast wie Reservate wütender Weißer im immer bunteren Amerika. Unbändiger Zorn ist, was sie antreibt. Ihre biedere Welt ist bedroht: Von Schwulen, Moslems, Liberalen, Medien. Und heuer ganz besonders durch Barack Obama. Sollte es der wirklich ins White House schaffen, ist der Untergang ihres weißen, paranoiden, surburbischen, gottesfürchtigen Amerika besiegelt. Dabei sind sie immer superhöflich, so richtig klischeehaft, amerikanisch “nice”. “Oh, aus Austria sind sie”, säuselte eine Funktionärin bei einem Anti-Obama-Treffen am Berghang der Rockies während des Denver-Parteitages. “Wie schön, holen sie sich ein Bier, plaudern sie doch mit allen unseren Freunden”. Dabei ist dann natürlich gleich zu hören von der Angst, “dass meine Enkeltöchter eine Burka tragen müssen, sollte Obama gewählt werden”, wie es aus einem Studenten nur so raussprudelt. Hussein Obama! Taliban!

Alle Siebensüßheit ist auch verflogen, wenn es darum geht, den “jungen Mann”, wie er herablassend bezeichnet wird, mal so richtig niederzumachen: “Bürgerinitiativen habe er geleitet”, haut sich Ex-NY-Bürgermeister Giuliani ab. Da hält sich die Texas-Delegation die Cowboy-Hüte vor Lachen. In einem Schwarzenviertel in Chicago! Ha, Ha! Es gibt bei der widerwärtigen Tirade gegen den ersten Afroamerikaner mit Oval-Office-Chancen kein Halten mehr. Und das auf einem Parteitag, der mit einem Video der Rede von MLK eröffnet wurde. „USA! USA! USA!“, tobt jetzt die rechte Menge. Ausgerechnet das Genie Giuliani, der sein “Emergency Center” genau im bereits 1993 attackierten WTC-Komplex unterbringen und gleich tausende Gallonen Diesel in Obergeschossen lagern ließ – und welches prompt kollabierte im Feuerinferno am Nachmittag des 11. September.

Und Ausgerechnet Alaska! Die Ultrarechten scharen sich um ihr neues Idol: “Hockey Mum” Sarah Palin. Nix Multikulti á la Hawaii, Jakarta, New York und Chicaho. Die wahren Werte vom Smalltown America: Wasilla, 9.000 Seelen, Polarkreis, Sofa mit Bärenkopf, Fischen, Ballern auf alles was sich bewegt. Gatte Todd, Amerikas „First Dude“, Snowmobileracer. Vor allem für Abtreibungsgegner ist Palin ein Aushängeschild: Kid Nr. 5, Trig, brachte sie zur Welt, nachdem bei Tests in der Frühphase der Schwangerschaft “Down Syndrom” diagnostiziert worden war. Sie sie froh, sagte sie einer Lokalzeitung, “dass Gott sie ausgewählt hatte”. Und zur Ablenkung über das ganze Ausmaß an Heuchelei des Predigens von Abstinenz anstatt effektiver Sexaufklärung – besonders nach der Bekannthabe der Teenager Pregnancy ihrer 17-jährigen Tochter Bristol – widmet sich die Partei ihren alten Lieblingsfeind: Den Medien! Denn die hatten sich gar erfrecht, weit effektiver die verworrene Vergangenheit der “Bulldogge mit Lippenstift” (Eigendefinition) zu durchleuchten, als die oberflächlichen Fragebogenverschicker des McCain-Prüfteams. Insgesamt staunt die Poliz-Szene: Gegen das Ticket McCain/Palin wirken selbst Bush/Cheney fast moderat.

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