Als ich mit meinen Kids Mia und Maxwell bereits am Spielplatz war, schoss mir in den Kopf: Mein Heimatland Österreich wird nicht sehr happy sein über mich. Dann davor besuchte ich die Pressekonferenz mit Wirtschaftsguru und Nobelpreisträger Paul Krugman im Foreign Press Center. Tja, was fragt man den Mann als Ösi-Korri? Richtig! Da kursiert ja diese nervige Story, wo, laut österreichischer Sichtweise, neidische deutsche Medien einen möglichen Staatsbankrott herbeischreiben wollen – wegen den massenweise von Austrobanken vergebenen Krediten im ökonomisch deprimierten Osteuropa. Ratings-Agenturen hatten ebenfalls bereits daran herumgemeckert, erfrechten sich, die Kreditwürdigkeit der stolzen Alpenrepublik unter der Italiens anzusiedeln. Ausgerechnet: Italien!
Mal sehen was Krugman dazu zu sagen hat. Ich fragen ihn: Wie sieht er Österreichs Risiken und wie bewertet er das Ausmaß der Osteuropakrise? Dass es deshalb wenige Tage später zornige Reaktionen aus Österreichs, vom Kanzler abwärts, und sogar ein Dementi des IWF-Präsidenten Dominique Strauss-Kahn geben sollte, konnte ich mir in diesen Sekunden nicht ausmalen. Natürlich liegt es an Krugmans überraschender Unverblümtheit: Die Krise in Osteuropa sei schlimmer als die Asienkrise 1997, sagt er. Für Österreich mit seinen offenen Kreditportfolios sie die Lage “scary”. Und Krugman legte nach: Österreich stehe für ihn auf einer Liste möglicher Kandidaten für eine Staatspleite an Stelle Drei! (das gesamte Protokoll ist hier). Fast geht ein Raunen durch die Reporter-Reihen. Einige starren mich an. “Na du hast ja eine recht gute Story hier”, spricht mich ein belgischer Kollege an.
No kidding. Doch ich hatte keine Ahnung: Krugmans Bombe landet am nächsten Tag in der Zeitung “Österreich”, für die ich arbeite. Die Austropresse rotiert prompt. Doch zuerst wartete eine ganz andere Herausforderung: Wie kann umgangen werden, meine Zeitung nicht als Quelle der Krugman-Aussage zu zitieren? Eine recht gängige Praxis: Doch diesmal müssen sogar russische Medien, deren Korri offenbar im Publikum war, bemüht werden…
Österreich, der Staat diesmal, steht jedenfalls Kopf: Der Finanzminister spricht von “Neidern”. Ich schicke Krugman eine Email, um ihn über die Erregung zu unterrichten. Er reagiert mit einem Blog-Eintrag, Titel “Austria”: “Aha!”, beginnt er mit einem Stoßseufzer und beschreibt seine Verwunderung über die Aufregung: Er hätte doch nur wiedergegeben, was rund um die Welt ohnehin jeder weiß. Mit laufenden Krediten im Wert von über 80 Prozent des BIP ist die Lage kaum rosig. Jetzt ist das ganze auch noch NYT-amtlich, nachzulesen für Investoren. Ein Lobbiest in New York ruft mich an, liest mir einen Brief des Wirtschaftskammerpräsidenten vor. Krugman wird nach Österreich eingeladen (zitiert?), um sich “ein ordentliches Bild zu verschaffen”.
Die Debatte gipfelt schließlich in der Aussage des IWF-Präsidenten Dominique Strauss-Kahn, der ebenfalls Krugman widerspricht und “volles Vertrauen” in Österreich hat. Doch damit haben den Showdwon Krugman-Austria endgültig internationale Agenturen aufgegriffen. Und viele in Finanzkreisen werden sich wohl wundern: Warum muss der Staat zur Verteidigung jetzt selbst internationale Zentralfiguren der Weltfinanz einspannen?