US-Schuldenkrise, weltweite Börsenbeben – und jetzt gleich der nächste Schock: Die Rating-Agentur „Standard & Poor´s“ (S&P) wertete in einem Knalleffekt Freitagabend Amerikas Kreditwürdigkeit von der Bestnote AAA auf AA+ ab. Nach 70 Jahren und zum erstmals in seiner Geschichte verlor die größte Volkswirtschaft der Erde die Top-Bonität, die das Schuldenmachen zu Niedrigzinsen ermöglicht. Und noch fast schlimmer: Wegen des „negativen Ausblickes“, so S&P, drohe der Supermacht eine weitere Abwertung in 12 bis 18 Monaten.
US-Staatsanleihen galten bisher als „sicherste Investitionen der Erde“, jetzt sind Papiere von Großbritannien, Österreich, Deutschland, Frankreich oder Kanada besser bewertet. Scharfe Reaktionen kamen aus China, Amerikas größtem Gläubiger, der eine Lösung des Schuldenproblems zur Sicherstellung seiner Einlagen verlangte.
Der jüngste Kongress-Deal sei „unzureichend zur Umkehr der Schuldendynamik“, begründete Top-Analyst John Chambers die Zäsur. Kurz: Die Finanzmärkte beginnen das Vertrauen in den Handlungsfähigkeit Washingtons zu verlieren.
Für Barack Obama ist die historische Herabstufung als US-Präsident eine schallende Ohrfeige – auch wenn sein anfänglicher Plan zur Reduktion der Schulden um vier Billionen Dollar S&P vorerst zufrieden gestellt hätte. Den versenken jedoch die Republikaner (GOP) und die radikale „Tea Party“, da sie jegliche Steuererhöhungen – selbst für Superreiche – ablehnten. Jetzt sollen „nur“ 2,4 Billionen gespart werden.
Die Schuld schiebt die GOP freilich Obama in die Schuhe: Sein „unkontrolliertes Schuldenmachen“ führe zu „zerstörerischen Schockwellen in den Kreditmärkten“, ätzte „Speaker“ John Boehner. Dass Obama immer noch gegen die von Vorgänger George Bush hinterlassene Wirtschaftskatastrophe kämpft, wollen die Konservativen, die sich nie gegen Bushs ruinöse Fiskalpolitik stemmten, lieber in Vergessenheit belassen.
Amerikas Abwertung ging ein regelrechter Thriller in D.C. Freitagnachmittag vorher: S&P informierte das White House um die Mittagszeit über den monumentalen Schritt. Die nervösen Börsen erlebten nach dem schwarzen Donnerstag („Dow“ -512 Punkte) gerade eine wilde Achterbahnfahrt. In hitzigen Telefon-Gruppenschaltugen versuchten Obama-Helfer, sowie Topleute des Finanzministeriums und der Notenbank, die Kreditbewerter umzustimmen. S&P habe sich bei seinen US-Schuldenprognosen um zwei Billionen Dollar (!) verrechnet, zürnte Team Obama. S&P versprach ein „Überdenken“, doch ließ sich am Ende nicht beirren.
„Ein Urteil, das auf einen Rechenfehler in der Höhe von zwei Billionen basiert, spricht vor sich selbst“, warf ein Notenbanksprecher S&P politische Motive vor. Und Nobelpreisträger Paul Krugman zürnte: „Die gleichen Leute, die früher Subprime-Ramschkredite mit AAA-Bewertungen bestempelten urteilen nun über Fiskalpolitik – darf das wahr sein?“
S&Ps Kreditbombe könnte die zuletzt besonders stotternde Wirtschaft in eine neue Rezession treiben: Bürger zahlen höhere Zinsen bei Kreditkarten, Krediten für Häuser oder Autos, auch für Betriebe wird das Geldborgen teurer. Die USA selbst blecht nun bis zu 100 Milliarden Dollar mehr an Zinszahlungen.
Und dann zittern alle natürlich vor Montag – den Börsenstarts rund um die Welt in eine neue, möglicherweise blutige Woche.