Die Beseitigung eines Despoten (Gadaffi) um nur $2 Mrd. (statt $800 Mrd. im Irak), Lebenszeichen der US-Wirtschaft in Q3 (trotz dem GOP-Versuch, Amerika in die Pleite zu blockieren), schärfere Rhetorik gegen abzockende Reiche (im Klima wachsender „Occupy“-Zeltlager): Barack Obama scheint am Beginn eines Comeback. Laut täglicher Gallup-Umfrage kletterte seine Popularität von 39 % Anfang des Monats auf nun 43 %. Kein spektakulärer „Bounce“. Doch das Geröhre der Rechten verhallt zusehends: „Double Dip“-Rezession? One-Term-President? Seid euch mal nicht so sicher.
Obama hat plötzlich wieder gute Chancen, quäkt auch die Kabel-TV-Polittalkkaste. Nicht, dass über Nacht die Winde des Chance aufgefrischt hätten: Die Arbeitslosigkeit liegt weiter stur bei über 9 %, jedes Jahr werden durch die enormen Budgetdefizite weiter über eine Billion Dollar auf den bereits 15 Billionen hohen Schuldenberg getürmt. Wall Street konnte mit Obamas „Reförmchen“ kaum gebändigt werden, die Banken sind noch „Too Bigger to Fail“, von den 2008-Crash-Ganuern steht immer noch niemand vor Gericht.
Aufatmen kann Obama aber vor allem angesichts der irren GOP-Tölpeltruppe, die sich um das Präsidentenamt bemüht. Ernsthaft diskutiert kann hierbei eigentlich nur Mitt Romney werden: Doch der bemüht sich seit fünf Jahren, leiden kann ihn immer noch kaum wer. Er wirkt so un-authentisch, als entstamme er einem Frankenstein-Labor: Romney ist ein leerer Anzug, der stets opportune Sprechblasen absondert. Er glaubt immer gerade das, was seine jeweiligen Rezipienten hören wollen. Dass er sich dabei oft innerhalb weniger Stunden selbst konterkariert, ist täglich Munition für die Late-Talker. Es ist teils schwindelerregend. Wie er mit mit dieser Gele-Masse als Rückgrat aufrecht gehen kann, ist fast bewundernswert. Am schlimmsten: Wie sich Romney aus seinem unbestritten, größten Polit-Erfolg herauswinden will, seiner Gesundheitsreform als Gouverneur von Massachusetts. Dort sind alle krankenversichert, das Programm ist populär, doch jetzt verdammt er Obama, da der Romneys Reform als Blaupause für die nationale „Health Care“-Reform heranzog. (Man muss Romney natürlich eingestehen, dass mit konstruktiver Politik keine Vorwahlen unter der radikalen GOP-Basis gewonnen werden können…).
Der Rest der Truppe ist mit ernster Mine kaum diskutierter: Ex-Pizzaketten-Boss Herman Cain, gegen den Ross Perot wie ein Professor der Quantenphysik wirkt, kann es wahrscheinlich selbst nicht glauben, dass ihm eine als Buchtour designte Kampagne an die Spitze des GOP-Feldes katapultierte. Es ist schmerzhaft mitzuverfolgen, wie ihn deshalb Polkt-Reporter ernsthaft nach Qualifikationen für das Präsidentenamt durchleuchten. Nur dazu: In einem TV-Spot bläst sein Kampagnenmanager, der aussieht wie Hitlers Cousin, Zigarettenrauch in die Kamera. An der Mexiko-Grenze will Cain einen elektrischen Zaun bauen, Afroamerikaner seien einer „Gehirnwäsche“ unterzogen worden, da sie „Dems“ wählen. Die ganzen „Details der Außenpolitik“ mit all den „Ub-Ubi-st-stastan“-Unsinn seien nicht wirklich wichtig. „Der Mann ist ein Idiot“, brachte die Website Gawker die Farce auf den Punkt. Dass er vor Romney liegt ist jedoch die weit größere. Willkommen im Tea-Party-Amerika.
Und dann Rick Perry! Nach dem scherzhaft anzusehenden Gestammel bei den TV-Debatten darf gefragt werden, wie er es durch die Volksschule schaffte. Sein Steuerplan sieht die Be-Steuerung der Armen und Ent-Steuerung der Reichen vor. Gute Idee: Der Zuwachs des Einkommens der One-Percenter stieg seit 1979 ja bloß um 279 % und die Kluft zwischen arm und reich ist so groß wie seit den Zwanzigern nicht mehr. Dass er bei Auftritten mit einer Pistole in die Luft ballert, auf einer Ranch namens „Niggerhead“ jagen ging und vor 40.000 Hände-in-der-Höhe-Wachlern in einer Megachurch um Regen betete, sie nur am Rande erwähnt.
Sogar Taliban-Christ Pat Robertson hält die GOP-Anwärter für „zu radikal“, wie er warnte.
Kurz: Jede Wahl ist eine Wahl zwischen Kandidaten. Und auch wenn sich Obama nicht als „The One“ aus der Matrix entpuppte. Angesichts des Flying Circus namens GOP-Primaries kann er die Möbelwagen vorerst abbestellen.