Blaues Auge ist wohl eine Untertreibung für die Blamage der Sicherheitsverantwortlichen des neuen World Trade Centers auf „Ground Zero“: Fast 13 Jahre nachdem die Twin Towers hier im 9/11-Jumbo-Horror vernichtet wurden, greift sich Amerika und die Welt über die laxe Bewachung des Neubaus „One WTC“ (541 Meter) auf den Kopf.
Sonntag, 4:10 Uhr morgens: Justin Casquejo (16), ein Schüler aus New Jersey, klettert über ein Gerüst durch ein Loch im Bauzaun auf die Baustelle. Von einem wirklich unbedarften Lift-Fahrer lässt er sich in den 88. Stock fahren. Er wird weder nach einem Ausweis gefragt. Es wundert sich auch niemand, was ein Teen frühmorgens am WTC zu suchen habe. Nach der Luftfahrt steigt er die Stiegen hoch in die 104. Etage – vorbei an einem dösenden Security-Guard (der wurde bereits gefeuert…). Der Jugendliche kletterte gar aufs Dach des Turms, turnte am Fuß der Antenne herum, genoss zwei Stunden lang die tolle Aussicht über den Hochhauswald Manhattans.
„A long way from home“, twitterte er 400 Meter über den Straßen. Erst dann wird er von Polizisten verhaftet. Die Cops nehmen ihm Smartphone und eine Kamera ab. Deshalb gibt es auch keine Fotos der Harakiri-Aktion (wenn auch auf Twitter zuerst plumpe Fälschungen kursierten…) Der Teenager wurde angezeigt wegen „unbefugten Betreten“ eines Grundstückes, es könnte sogar Gefängnis drohen. Er hat klar die Grenze zum „Jugendstreich“ überschritten.
Doch härter sollten jene bestraft werden, die für den Sicherheitsmurks verantwortlich sind, der 40 Millionen Dollar im Jahr kosten soll. One WTC wurde zwar als vertikale Festung gebaut: Der drei Milliarden Doller teuere Turm hat so viele Notlifte und so dicke Betonwände rundherum, dass neben dem Kern des Gebäudes kaum mehr Bürofläche übrig bleibt. Mit 45.000 Tonnen Stahl ist es das stabilste Hochhaus der Erde. Ex-Polizeichef Ray Kelly verordnete sogar einst eine Verlegung der Position an, da der Turm zu nahe an der Straße gestanden und Autobomben ausgesetzt gewesen wäre. Dumm nur, dass offenbar jetzt kaum wer das Gebäude wirklich bewacht. „NY Post“-Kolumnist Steve Cuozzo nannte die Sicherheitsvorkehrungen einen „schlechten Witz“.